…aber man muss nicht unbedingt mit den Augen schauen, um die Schönheit der Welt zu entdecken.

Mit 14 fing ich an zu malen – groß und wild, mein damaliger Kunstlehrer hat mit allen Mitteln versucht mir das Kopieren der konkreten Welt auszutreiben. Es ist ihm letzten Endes gelungen, denn bis heute ist für mich die Malerei der einzige Weg, die Welt, die sich hinter der Wirklichkeit verbirgt, sichtbar zu machen.

Trotzdem kam mir nicht im entferntesten der Gedanke etwa Malerei zu studieren; viel zu unvernünftig, viel zu nutzlos; malen kann man ja, wenn man Zeit hat, aber ansonsten sollte man gefälligst einer geregelten Arbeit nachgehen, mit der man das Brot und mit etwas Glück sogar die dazugehörige Butter verdienen kann.

Es wurde die Fotografie – damals noch ein recht angesehenes Handwerk, mit kreativen Elementen.

Trotzdem waren für mich die Möglichkeiten zu limitiert, die Erwartungen der Dozenten zu eng, zu viel Distanz zwischen mir und dem Objekt, zu viel Technik. Das Einzige, was mich aber wirklich begeistert hat, war die Arbeit in der Dunkelkammer. Experimentieren, verfremden – heute mit wenigen Klicks erledigt, waren zu der Zeit, als ich studierte (Anfang der 70er Jahre), aufwändige Arbeiten, mit denen ich sicherlich etliche Nächte zugebracht habe. Beruflichen Nutzen haben mir diese Art Spielereien natürlich nicht gebracht und ich habe den Beruf bald aufgegeben.

Es schien verschwendete Zeit gewesen zu sein, denn mit Anfang 20 hatte ich immer noch keinen Beruf, der mir die ersehnte Perspektive geboten hätte.

Erst viele Jahre später wurde mir klar, wie wichtig die Fotografie tatsächlich für mich gewesen ist. Neben der Tatsache, dass auch hier (wie in der Musik) die Faktoren „Ordnung und Handwerk“ sehr relevant sind, habe ich gelernt die Welt durch den Sucher zu betrachten, immer in Ausschnitten sehen.

Dem Kleinen durch die Auswahl eine neue Bedeutung geben, denn aus dem Ganzen herausgelöst ist jedes Foto ein Universum für sich und die Informationsmenge wird in einem gut inszenierten Ausschnitt viel dichter, als sie ist, wenn man den selben Ausschnitt nur im Rahmen des Ganzen wahrnimmt.

Und wenn man jahrzehntelang mit all den abstrakten Gebilden, die sich aus dem Kopf durch die Hand auf die Leinwand ergießen, lebt, dann verändert sich auch der Anblick der realen Welt. Manchmal stellt sich sogar die Frage, ob das, was wir so gerne als Realität bezeichnen, nicht nur eine bequeme Illusion ist.